Interview Bartenbach

WO BITTE GEHT’S ZUM LICHT?
Im Interview mit Sven Kühne von Bartenbach LichtLabor.

Das Bartenbach LichtLabor wurde 1989 von Christian Bartenbach gegründet und umfasst heute die Bereiche Lichtplanung, Forschung und Entwicklung sowie die Lichtakademie Bartenbach und die Lighting Solutions zur Generierung neuartiger lichtspezifischer Anwendungs- und Produktideen.

Stadtbibliothek Augsburg 1. OG Treppenhaus mit Lichttrompeten bei Nacht

Das Unternehmen ist international bekannt dafür, innovative Lichtlösungen für Kunden auf der ganzen Welt zu planen und zu realisieren. Zu den aktuell spektakulärsten Projekten gehört unbestritten das Beleuchtungskonzept für die weltweit größte Uhr und Medienfassade des 601 Meter hohen Abraj-Al-Bait-Turms in Mekka.

Wir haben uns mit Sven Kühne – Marketingleiter bei Bartenbach LichtLabor – über die Herausforderungen und Hintergründe moderner Lichtplanung unterhalten. In unserem Interview spricht er mit uns über die Möglichkeiten innovativer Tageslichtlösungen und über die positiven Effekte, die mit der Nutzung natürlichen Lichts verknüpft sind.

Bartenbach Sven Kühne

Herr Kühne, wenn wir über die Beleuchtung in Arbeitsräumen sprechen, gilt dann die Devise, je heller desto besser?
So pauschal lässt sich das leider nicht sagen, nein. Vielmehr adaptiert sich das menschliche Auge auf die hellste Stelle im Sichtfeld. Das bedeutet, dass unterschiedliche Helligkeiten in einem Raum perfekt aufeinander abgestimmt sein müssen um ein stimmiges Gleichgewicht zu ergeben, in dem man dann auch gut arbeiten kann. Die Devise lautet demnach: Die Helligkeiten der Arbeitsplätze müssen im richtigen Verhältnis zu den Helligkeiten des Arbeitsraumes stehen.

Gibt es die eine allgemeingültige Musterlösung für das perfekte Licht im Büro?
Zweifelsohne gibt es Grundprinzipien und Grundlagen, an welche sich jeder Lichtplaner halten muss. Trotz allem bleibt jedes Projekt in sich einzigartig und bedarf einer individuellen Lösung. In jedem Projekt berücksichtigen wir neben der Architektur beispielsweise auch Raumgeometrien, Tageslichtöffnungen, Oberflächen und Arbeitsaufgaben. Außerdem muss ein Lichtplaner immer die geplante Arbeitstätigkeit im Blick haben. Hierzu zählt beispielsweise, wie die Arbeit organisiert ist. Gibt es rotierende oder konstante Arbeitsschichten? Verlangt die Arbeitstätigkeit beispielsweise auch anspruchsvolle Sehaufgaben die ein Lichtspektrum mit sehr guter Farbwiedergabe notwendig machen? Das sind alles Faktoren, die Beachtung finden müssen. Außerdem haben ältere Menschen andere Anforderungen an die Lichtverhältnisse als jüngere Menschen. Auch das muss berücksichtigt werden. Weitere wichtige Kriterien bei der Planung und Realisierung von Lichtkonzepten sind unter anderem Leuchtdichte, Lichtmenge, Lichtverteilung, Entblendung, Lichtrichtung oder auch das Lichtspektrum.

Das Bartenbach LichtLabor beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Tageslichtumlenkung in Innenräumen. Was muss man sich darunter vorstellen?
Bartenbach steht für effiziente und gesunde Lichtlösung. Das heißt konkret, dass wir zuerst versuchen das Tageslicht zu nutzen und erst bei Bedarf mit Kunstlicht ergänzen. Am Objekt bedeutet das, dass wir mittels direkten oder indirekten Tageslichtumlenklösungen die zur Verfügung stehenden Lichtmengen durch Fassadenbereiche oder Oberlichtbereiche in die Innenräume verteilen.

Was ist bei dieser Art der Lichtplanung besonders zu beachten?
Wichtig ist, dass die notwendige Tageslichtmenge im Arbeitsbereich zur Verfügung gestellt wird ohne dass diese blendet oder als Störquelle empfunden wird. Die besondere Herausforderung dabei ist, dass sie sowohl bei Sonne als auch bei bedecktem Himmel funktionieren sollte. Damit das Tageslicht unverfälscht in den Tagesraum transferiert werden kann, darf es keine Veränderung der Lichtspektren durch Gläser oder Materialen geben.

Wo liegen die Schwierigkeiten bei der Konzentration einer Tageslichtquelle?
Wenn Sie einen Blick in den Himmel werfen, wird einer der Schwierigkeiten schnell offensichtlich: Der Himmel ist keine Punktlichtquelle, sondern ein leuchtendes Gewölbe. Daher gelangen zu den abwechselnden Tages- und Jahreszeiten aus jeder Himmelsrichtung unterschiedliche Lichtmengen auf die Erde. Das führt zu verschiedenen Lichtverhältnissen und macht viel Erfahrung notwendig um optimale Lichtlösungen entwickeln zu können. Das Bartenbach LichtLabor wäre aber nicht Innovationsführer, wenn es aus diesem Dilemma keinen Ausweg gefunden hätte. Deshalb steht unseren Mitarbeitern in Aldrans ein sogenannter „künstlicher Himmel“ zur Verfügung, mit welchem wir jede Tageszeit für jeden Standort der Erde simulieren können. So ist es unseren Spezialisten möglich, im Vorfeld anhand eines Modelles die perfekte Lichtlösung zu entwickeln. Diesen Vorteil nutzen zahlreiche Architekten und Bauherren bereits sehr frühzeitig, wenn sie ein neues Gebäude planen.

Wann ist der beste Zeitpunkt, Architektur- und Lichtplanung zusammenzubringen?
Dies sollte möglichst früh, d.h. schon während der architektonischen Konzeption, beziehungsweise der Entstehung des architektonischen Grundkörpers geschehen, um lichttechnische Grundlagen in den Gebäudeausrichtungen, Geometrien und Gebäudeöffnungen zu berücksichtigen. Hierdurch können unsere Kunden erhebliche Effizienssteigerungen erzielen.

Wo liegen die Hauptunterschiede bei der Lichtplanung für ein Büro und der Lichtplanung in öffentlichen Gebäuden, wie z.B. der Stadtbücherei Augsburg?
Es sind unterschiedliche Richtlinien und Normen zu beachten, weil in einem Büro andere Sehaufgaben abgedeckt werden als in einer Bibliothek. Eine Bibliothek verfügt oftmals über großflächige Bereiche, in denen keine fixe Möblierung vorherrscht. Bücherregale werden wie Raumtrennwände eingesetzt. Licht gelangt hierbei sowohl von oben als auch über die Seiten in den Raum hinein. Während Licht in Bibliotheken insbesondere auf der vertikalen Ebene benötigt wird, liegt das Hauptaugenmerk in Büros vor allem auf den horizontalen Arbeitsflächen, weil eine relativ statische Arbeitssituation vorliegt.

Welche technischen Möglichkeiten gibt es, um Räume mit natürlichem Licht zu versorgen?
Da gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten die eingesetzt werden können. Das Angebot reicht von Lichtlenksystemen, Lichtrohren, Lichtfängern und Tageslicht-Innenhöfen bis zu Umlenkschwertern, Tageslichtprismen, Light-Tubes, Umlenkschiffen, Klapplamellen, vertikalen Lamellen und vieles mehr.

Und wo liegen nun die konkreten Vorzüge der Tageslichtbeleuchtung?
Ganz oben auf der Best-of-Liste steht natürlich, dass es sich um eine Lichtquelle und intelligente Nutzung der Sonnenenergie handelt. Natürliches Licht eröffnet die Möglichkeit Energie einzusparen und zugleich gesundes Licht welches das Wohlbefinden der Menschen fördert zu nutzen. Ist es nicht großartig, dass neben einer optimalen Lichtqualität aus der Herstellung eines Außenbezuges beispielsweise auch die Tageslichtdynamik spürbar wird und sogar Sonnenfigurationen genutzt werden können?

Und trotzdem geht die Entwicklung auch im Kunstlichtbereich stetig weiter?
In der Tat schreitet die Entwicklung in diesem Bereich rasant voran. Das bedeutet, dass immer wirtschaftlichere Lichtlösungen mit einer immer geringeren Wärmeentwicklung und Umweltbelastung auf den Markt gebracht werden. Die längere Lebensdauer der Kunstlichtquellen, die aus dieser stetigen technischen Weiterentwicklung entsteht, führt zu einem minimierten Wartungsaufwand und letztlich auch zu einem geringeren Müllaufkommen.

Welche Rolle spielen Neuerungen in der LED-Technologie für die Konzeption moderner Lichtquellen?
Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey zeigt auf, dass der globale Beleuchtungsmarkt in den kommenden zehn Jahren von 60 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf über 108 Milliarden im Jahr 2020 anwachsen wird. In diesem Zeitraum werden die Kosten für LED-Lampen von 2010 bis 2015 jährlich durchschnittlich 28% sinken und anschließend bis 2020 jährlich um weitere 13% fallen. Lag der Marktanteil von LEDs im Jahr 2010 noch bei 10%, so wird dieser bis zum Jahr 2020 auf über 60% steigen. Die LED-Technologie befindet sich in einem klaren Wachstumssegment. Kostenbedingt wird es noch ein paar Jahre dauern, bis die LED-Technologie für den Großteil der Bevölkerung im privaten Bereich interessant wird. Doch im öffentlichen Bereich, bei Neubauten und Sanierungen sieht es bereits ganz anders aus: Unsere LED-Spezialisten verzeichnen einen regelrechten Ansturm, wenn es darum geht, auf die nachhaltige LED-Technologie umzusteigen. Aufgrund der unübersichtlichen Flut an LED-Produkten am Markt empfehle ich Entscheidern sich in einem ersten Schritt bei einem herstellerunabhängigen Lichtplaner unverbindlich beraten zu lassen.

Was denken Sie, wohin könnte die Entwicklung des „Licht Büros“ der Zukunft führen?
Das Bartenbach LichtLabor ist seit bald vierzig Jahren von der Vision getrieben, dass sich Kunstlicht schrittweise immer mehr als Tageslichtergänzung etabliert, und in diese Richtung gibt es eine klare Tendenz. Energieeffiziente Lichtnutzung stellt eine nicht mehr weg zu denkende Basisanforderung dar. Trotzdem ist auch Vorsicht geboten. Energieeffiziente Lichtlösungen sind nicht automatisch die sparsamste Lösung. Häufig erleben Auftraggeber nach der Beauftragung böse Überraschungen, die hätten verhindert werden können. Ursache dafür ist meist die Tatsache, dass zwar viel von effizienter Lichtplanung gesprochen wird, aber nur die wenigsten Unternehmen über die nötigen Erfahrungen und das Know-how in diesem Bereich verfügen. Die Norm schreibt klare Standards vor, doch um effiziente und gesunde Lichträume zu schaffen, muss eben oft mehr getan werden, als nur die vorgeschriebenen Normen zu erfüllen. Unabhängig davon glaube ich dennoch, dass sich das Büro der Zukunft immer mehr zu einem Ort entwickeln wird an dem Menschen effiziente und gesunde Tageslicht- und Kunstlichtlösungen erleben werden.